Krankenhaus- und Gesundheitspolitik

Nachfolgend finden Sie grundlegende Verbandspositionen der NKG zu ausgewählten Themen. Tagesaktuelle Statements und Bewertungen der NKG zu Krankenhaus- und Gesundheitspolitik sind im Pressebereich verfügbar.




Forderungen für die 21. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages



Notwendige Sofortmaßnahmen

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) zielt darauf ab, die Versorgung in Krankenhäusern nachhaltig zu verbessern und die Versorgungsqualität zu steigern. Für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Ziele ist es dringend erforderlich, durch gesetzliche Anpassungen vorab die wichtigen strukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen und zentrale Herausforderungen zu adressieren.

Eine verlässliche gesetzliche Grundlage ist unverzichtbar, um Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit in den Krankenhäusern zu sichern. Daher müssen Gesetzesanpassungen die folgenden Aspekte beinhalten:

Inflationsausgleich

Die Krankenhäuser begrüßen, dass der Bundestag mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2025 Maßnahmen zur Deckung der Inflationslücke, insbesondere der Jahre 2022 und 2023, in Form von Sofort-Transformationskosten umgesetzt hat. Aber – ergänzend zu der als Einmalzahlung ausgestalteten Auszahlung – müssen die Entgelte der Krankenhäuser dauerhaft basiswirksam um mindestens 4 Prozent erhöht werden.

Begründung: Die gestiegenen Kosten für Personal, Medizinprodukte, Energie und andere Betriebsmittel haben sich massiv auf die Finanzstabilität der Krankenhäuser ausgewirkt. Eine basiswirksame Erhöhung der Entgelte ist daher schnellstmöglich notwendig, um die finanzielle Belastung abzufedern, die Qualität der medizinischen Versorgung aufrechtzuerhalten und die langfristige Stabilität des Gesundheitssystems zu sichern.

Krankenhausplanung bleibt Ländersache

Die mit dem KHVVG vorgesehenen bundeseinheitlichen Planungsvorgaben in Form von Leistungsgruppen nach dem Vorbild des NRW-Modells sind mit dem Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) um ausreichende und dauerhafte Öffnungsoptionen für die Länder, zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung, zu ergänzen.

Begründung: Die vorgesehenen bundeseinheitlichen Vorgaben für die Krankenhausplanung bilden die Versorgungssituation im Flächenland Niedersachsen nicht vollständig ab. Eine landesbezogene Krankenhausplanung braucht „Beinfreiheit“ in Form von ausreichenden und dauerhaften Öffnungsoptionen für die Planungsbehörde, um auch zukünftig eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Patientenversorgung in Niedersachsen – unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten – sicherstellen zu können.

Anpassung der Leistungsgruppen

Die Ausgestaltung der mit dem KHVVG eingeführten Leistungsgruppen weist an vielen Stellen erhebliche Mängel auf und ist dringend zu überarbeiten. Daher muss die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte „Reform der Reform“ dringend zeitnah umgesetzt werden. Dies beinhaltet die Aussetzung aller aktuell über das NRW-Modell hinausgehenden Vorgaben (ausgeweitete Facharztvorgaben, neue Mindestvorhaltezahlen, Onkochirurgie-Verbotsliste, verschärfte Personal- und Strukturvorgaben, zusätzliche Leistungsgruppen etc.).

Begründung: Die Krankenhäuser brauchen dringend Planungssicherheit hinsichtlich der Leistungsgruppen sowie der damit verbundenen Qualitätsanforderungen und Rahmenbedingungen. Nur so können sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen haushalten. Die über NRW hinausgehenden Kriterien verursachen weitere Unsicherheiten.

Bürokratiebelastung verringern

Die positiven Aspekte des notwendigen Strukturwandels werden durch die Vielzahl aktuell geforderter Nachweise und bürokratischer Anforderungen überlagert. Das KHVVG hat anstelle eines Abbaus der Bürokratie für weitere Belastungen gesorgt. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Bürokratieentlastung ist daher dringend erforderlich und bedarf einer zügigen Umsetzung. Alle Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen, die den Krankenhäusern in den vergangenen Jahren ohne jeglichen Mehrwert auferlegt wurden, müssen schnellstmöglich konsequent abgeschafft werden.

Ein Beispiel dafür sind die unterjährigen Datenlieferungen, die einen erheblichen administrativen Aufwand verursachen, ohne einen entsprechenden inhaltlichen Nutzen zu bieten. Dazu zählt unter anderem die verpflichtende Datenlieferung nach § 21 Abs. 7 KHEntgG zur Befüllung des Transparenzverzeichnisses (Bundes-Klinik-Atlas), welche eine detaillierte, minutengenaue Erfassung der ärztlichen Tätigkeiten je Leistungsgruppe erfordert. Diese Daten liegen den Krankenhäusern jedoch nicht in der geforderten Form regelhaft vor und können auch nicht automatisiert aus bestehenden IT-Systemen der Krankenhäuser entnommen werden. In der Folge entsteht ein erheblicher personeller und technischer Aufwand, der keinen inhaltlichen Mehrwert bietet. Seit vielen Jahren gibt es bereits – mit dem Deutschen Krankenhausverzeichnis – ein entsprechendes Informationsportal, dem Bürgerinnen und Bürger umfängliche Informationen zur stationären Krankenhausbehandlungen in den jeweiligen Einrichtungen entnehmen können. Der Bundes-Klinik-Atlas ist somit sofort abzuschalten.

Begründung: Das aktuelle Übermaß an Melde- und Dokumentationspflichten, ohne jeglichen Mehrwert, bindet personelle Ressourcen, lähmt die Effizienz und demotiviert die Mitarbeitenden. Eine kluge und zielgerichtete Entbürokratisierung in den Kliniken setzt personelle Ressourcen frei, kommt unmittelbar der Patientenversorgung zugute und wirkt somit qualitätssteigernd.

In niedersächsischen Krankenhäusern verbringen Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte durchschnittlich rund drei Stunden täglich mit Dokumentationsarbeiten. Drei Stunden pro Tag entsprechen 5.058 von 14.110 ärztlichen Vollkräften (36 %) und 10.920 von 32.250 Vollkräften (33 %) im Pflegedienst. Diese Fachkräfte stehen in der Zeit, in der sie Bürokratiepflichten erfüllen müssen, nicht der Patientenversorgung zur Verfügung. Wenn die bürokratische Arbeit um nur eine Stunde verringert würde, ständen rechnerisch mehr als 1.700 Vollkräfte im ärztlichen und etwa 4.000 Vollkräfte im Pflegedienst zusätzlich zur Verfügung.

Die NKG hat einen Forderungskatalog für einen effektiven und schnellen Bürokratieabbau erarbeitet und diesen am 28. August 2025 im Rahmen einer öffentlichen Aktion an Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi überreicht.



Weitere Maßnahmen

Neben den Sofort-Maßnahmen bedarf es weiterer Schritte, um die Herausforderungen der Krankenhäuser erfolgreich zu bewältigen und die Versorgung langfristig zu sichern. Besonders im Bereich der Vergütung ist es entscheidend, nachhaltige Lösungen zu entwickeln, um die Stabilität der Krankenhäuser zu gewährleisten.

Hybrid-DRG

Hybrid-DRGs dürfen ausschließlich Ein-Tagesfälle umfassen. Zudem darf die Vergütung der Leistungen im Hybrid-DRG-System nicht auf das Niveau des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) abgesenkt werden. Sinnvoller wäre vielmehr eine nach Schweregrad zu differenzierende Vergütung, deren Vergütungselemente um die Sachkosten zu ergänzen sind. Die gesetzlichen Vorgaben sind daher umgehend anzupassen!

Begründung: Die gesetzliche Vorgabe, die mit dem KHVVG in § 115f Absatz 2 SGB V eingebrachte wurde, pro Jahr 1 bis 2 Millionen Behandlungsfälle aus der stationären Versorgung in die Hybrid-DRGs zu verlagern, wird eine medizinisch sinnvolle Entwicklung der Ambulantisierung am Krankenhaus unterlaufen, da die dafür vorgesehene Anzahl der Behandlungsfälle nur erreicht wird, wenn Fälle mit einer längeren Verweildauer berücksichtigt werden. Behandlungsfälle mit bis zu drei Kalendertagen sind – aus medizinischen Gründen – mit einem erheblich höheren personellen, technischen und organisatorischen Aufwand verbunden als Ein-Tagesfälle. Sie erfordern eine vollstationäre Infrastruktur, die von den Vertragsärzten nicht angeboten wird und somit auch nicht im EBM abgebildet sein kann.

Folglich verletzt eine Ausweitung auf bis zu Drei-Tagesfälle das Prinzip der sektorengleichen Versorgung und der Grundgedanke der Hybrid-DRG wird verlassen. Eine Vergütung dieser Fälle auf EBM-Niveau – wie im Gesetz vorgesehen – würde wirtschaftliche Unsicherheiten verstärken, da deren Behandlung nicht kostendeckend durchgeführt werden könnte. Die medizinische Komplexität und der höhere Ressourcenverbrauch müssen angemessen und fair vergütet werden, um die Versorgungsqualität und die nachhaltige Sicherstellung der Hybrid-Leistungen zu gewährleisten.

Vollständige Finanzierung der Tarifkosten

Entgegen den zahlreichen Behauptungen findet auch durch das KHVVG keine vollständige Refinanzierung der Tarifkosten statt. Im Rahmen der Erhöhungsrate für Tariferhöhungen (Tarifrate) ist für alle Berufsgruppen in den Krankenhäusern zusätzlich auch die Refinanzierung der indirekten Kostensteigerungen sicherzustellen.

Begründung: Die Krankenhäuser müssen weiterhin einen Teil der tarifbedingten Personalkostensteigerungen, trotz der Neuregelung im KHVVG, weiterhin selbst tragen. Kostensteigerungen z.B. durch zusätzliche freie Tage werden nicht aufgefangen. Dies ist mit dem erklärten Ziel, dem Personalmangel zu begegnen, nicht vereinbar. Es widerspricht zudem dem Grundsatz der notwendigen wirtschaftlichen Sicherung von Krankenhäusern, um diesen die Erfüllung ihres bestehenden Versorgungsauftrags nachhaltig zu ermöglichen.

Aussetzen der Vorhaltevergütung

Die mit dem KHVVG ab dem Jahr 2027 vorgesehene Vorhaltevergütung ist unverzüglich auszusetzen und auf Basis von Auswirkungsanalysen neu zu bewerten und zu entwickeln.

Übergangsweise können die bestehenden Instrumente zur Strukturkostenfinanzierung genutzt und ausgebaut werden. Dies sind insbesondere der Notfallstufenzuschlag, der Sicherstellungszuschlag, der Zentrumszuschlag und die Methodik der Mehr- und Mindererlösausgleiche. Dazu sind zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen.

Begründung: Ab sofort sollten keine weiteren Ressourcen mehr in die nicht zielführende Finanzierungssystematik der ab 2027 vorgesehenen Vorhaltevergütung nach den Vorgaben des KHVVGs investiert werden. Die vorgesehene Vorhaltevergütung erreicht aufgrund des Fallbezugs und der unterschiedlichen Periodenbezüge keines der mit dem KHVVG vorgesehenen Ziele, sondern löst im Gegenteil einen wesentlichen Komplexitäts- und Bürokratisierungsschub aus.



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