Halbzeitbilanz der Landesregierung: Krankenhäuser sehen weiteren Handlungsbedarf
Hannover, 29.04.2025
Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) würdigt das bisherige Engagement der Landesregierung für die Kliniken, sieht angesichts der großen strukturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen aber weiterhin Handlungsbedarf.
„Die Landesregierung ist sich der Bedeutung der Krankenhäuser als existenzieller Bestandteil der Daseinsvorsorge im Flächenland Niedersachsen bewusst. Das ist unter anderem im Zuge der Positionierung Niedersachsens während der Verhandlungen mit dem Bund über die Krankenhausreform deutlich geworden. Gleichzeitig ist jedoch festzuhalten, dass sich die wirtschaftliche Situation der niedersächsischen Kliniken in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert hat und die Reform bislang noch nicht praxistauglich ist. Hier bedarf es des weiteren Einsatzes der Landesregierung und der engen Zusammenarbeit mit der künftigen Bundesregierung. Ziel muss es sein, die wirtschaftliche Lage der Kliniken zu stabilisieren, die Krankenhausreform praxistauglich auszugestalten und den Bürokratieabbau konsequent voranzutreiben“, erklärt Rainer Rempe, Vorsitzender der NKG.
NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke ergänzt: „Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi hat sich in schwierigen Zeiten mit großem Sachverstand und persönlichem Einsatz für die Belange der Krankenhäuser und ihrer Mitarbeitenden eingesetzt. Hinsichtlich der Krankenhausreform hat Minister Dr. Philippi frühzeitig Transparenz über die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Kliniklandschaft hergestellt. Hierzu zählen unter anderem die Durchführung von Regionalkonferenzen und der Austausch mit allen beteiligten Akteuren unter Mitwirkung der NKG. Im direkten Dialog mit den Verantwortlichen in den Krankenhäusern konnten wesentliche Herausforderungen identifiziert werden. Es ist wichtig, dass die Landesregierung die gewonnenen Erkenntnisse und Lösungsansätze so schnell wie möglich in politisches Handeln im Land und im Bund umsetzt.“
Handlungsbedarf für die Landesregierung besteht aus Sicht der NKG insbesondere in folgenden Punkten:
Die Inflationslücke in den Krankenhausentgelten – insbesondere in den Jahren 2022/2023 – und die dadurch entstandene Unterfinanzierung der Krankenhäuser ist schnellstmöglich zu beenden. Eine auskömmliche und faire Finanzierung der Krankenhäuser ist für die Daseinsvorsorge im Gesundheitsbereich wesentlich. Daher ist es notwendig, die Krankenhausvergütungen 2025 dauerhaft um 4 Prozent anzuheben.
Die Finanzierung von Krankenhausleistungen in Form der Fallpauschalen ist für die Krankenhäuser nicht auskömmlich. Eine Anpassung des Vergütungssystems ist daher unerlässlich. Die mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) eingeführte Vorhaltevergütung löst die Probleme der derzeitigen Finanzierungsystematik allerdings nicht: Das vorhandene Budget wird nur anders verteilt – ist aber noch immer fallzahlabhängig. Daher ist die Vorhaltevergütung unverzüglich auszusetzen und auf Basis von Auswirkungsanalysen neu zu bewerten und zu entwickeln.
Die Krankenhäuser erkennen an, dass die Landesregierung die Investitionen in die Kliniken in den vergangenen Jahren auf einem höheren Niveau als zuvor verstetigt hat. Entscheidend ist es, den Substanzerhalt bedarfsnotwendiger Strukturen sowie die Transformation der Krankenhauslandschaft künftig mit den dafür erforderlichen Investitionen konsequent und nachhaltig zu untermauern.
Die Vorgaben der Krankenhausreform im KHVVG für die Krankenhausplanung bilden die Versorgungssituation im Flächenland Niedersachsen nicht vollständig ab. Eine landesbezogene Krankenhausplanung muss den Planungsbehörden „Beinfreiheit“ einräumen. Daher sind die mit dem KHVVG vorgesehenen bundeseinheitlichen Planungsvorgaben in Form von Leistungsgruppen nach dem Vorbild des NRW-Modells mit ausreichenden und dauerhaften Öffnungsoptionen für die Länder auf den Weg zu bringen. Alle aktuell über das NRW-Modell hinausgehenden Vorgaben müssen ausgesetzt und auf Basis von Auswirkungsanalysen neu bewertet werden.
Zu viel Bürokratie im Krankenhaus schadet den Patientinnen und Patienten sowie dem ärztlichen und pflegerischen Personal. In niedersächsischen Krankenhäusern verbringen Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte durchschnittlich rund drei Stunden täglich mit Dokumentationsarbeiten. Folglich müssen alle Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen, die den Krankenhäusern in den vergangenen Jahren ohne jeglichen Mehrwert auferlegt wurden, konsequent abgeschafft werden. Wenn die bürokratische Arbeit um nur eine Stunde pro Tag verringert würde, ständen rechnerisch mehr als 1.700 Vollkräfte im ärztlichen und etwa 4.000 Vollkräfte im Pflegedienst zusätzlich zur Verfügung.