Krankenhäuser fordern angemessene Finanzierung und bekräftigen Willen zu geordneter Reform

Hannover 08.04.2024

Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Niedersachsen ist schlechter als je zuvor. Zugleich stehen die Kliniken im Land vor einer Vielzahl an Herausforderungen, um eine hochwertige und flächendeckende stationäre Versorgung auch in Zukunft gewährleisten zu können. Die von Bund und Ländern angekündigte Krankenhausreform liegt deutlich hinter dem angekündigten Zeitplan zurück. Verbindliche Zusagen der Politik für notwendige Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung und Überbrückung fehlen weiterhin. Darauf hat die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) heute im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung in Hannover aufmerksam gemacht.

„Die Krankenhäuser in Niedersachsen sind an einem Wendepunkt angekommen. Energiekrise, Inflation, Betriebskostensteigerungen sowie hohe Tarifabschlüsse bedrohen viele Kliniken in ihrer Existenz. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Krankenhäuser mehr Geld für die Behandlung der Patienten ausgeben, als sie für deren die Versorgung erhalten. Dieser Zustand wird von der Politik billigend in Kauf genommen. Leidtragende sind die Mitarbeitenden in den Krankenhäusern, die sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus befinden. Hierzu tragen auch der Fachkräftemangel und überbordende Bürokratie wesentlich bei“, betonte Dr. Hans-Heinrich Aldag, scheidender Vorsitzender der NKG. „Es liegt in der Verantwortung der Politik, ein unkontrolliertes Krankenhaussterben und massive Einschränkungen in der Patientenversorgung abzuwenden. Insolvenzen von Krankenhäusern sind nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Auf dem Spiel steht eine elementare Säule unseres Gesundheitswesens. Es ist fünf nach zwölf!“, so Dr. Aldag weiter.

Die von Bund und Ländern geplante Krankenhausreform ist nach Auffassung der NKG notwendig und überfällig. Da die Reform voraussichtlich erst im Jahr 2029 voll wirksam wird, benötigen die Kliniken bis dahin Maßnahmen zur Überbrückung. Umfragen der NKG zeigen, dass 60 Prozent der Krankenhäuser in Niedersachsen ihre wirtschaftliche Existenz bis zum Wirksamwerden der Krankenhausreform gefährdet sehen. Dieser Befund ist dramatisch und wird leider nicht durch die mehrheitlich positive und offene Einstellung der Krankenhäuser zu den grundlegenden Zielen der Reform behoben.

„Es besteht nicht so sehr Dissens in der Diagnose, wohl aber in wesentlichen Teilen der gebotenen Therapie“, sagte Dr. Aldag. „Staatlicher und bundeszentralistischer Dirigismus tragen nicht zum Gelingen dieser Reform bei. Die Planung der Krankenhausstrukturen ist eine originäre Aufgabe des Landes, die gerade auch unterschiedliche länderspezifische und regionale Erfordernisse berücksichtigt und nicht durch Bundesvorgaben ausgehebelt werden darf“, so Dr. Aldag.

Ebenso wichtig ist es nach Auffassung der Krankenhausgesellschaft, das Vergütungssystem so weiterzuentwickeln, dass eine Finanzierung von Vorhaltekosten gewährleistet ist. Entscheidend ist, dass es tatsächlich zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Kliniken kommt. Die vorliegenden Entwürfe des Bundesgesundheitsministeriums zur Vorhaltefinanzierung geben diesbezüglich jedoch keinen Anlass zur Hoffnung. Auswirkungsanalysen zeigen, dass die Erlöse eines Krankenhauses weiterhin stark von der Anzahl der behandelten Patienten abhängen. Die Vorhaltefinanzierung ist auch keine wirksame Existenzsicherung für Grundversorgungskrankenhäuser in Flächenländern wie Niedersachsen. Sie kann Erlösverluste bei einem allgemeinen Rückgang der Patientenzahl oder beim Verlust von Leistungsgruppen infolge der Krankenhausplanung nicht ausgleichen. Dass die Vorhaltefinanzierung einen Beitrag zur Entbürokratisierung leistet, ist aus Sicht der NKG ausgeschlossen, denn sie ergänzt das existierende Fallpauschalensystem um neue Regulierungen ohne an anderer Stelle Bürokratie abzubauen.

„Die systematische Unterfinanzierung der Kliniken und der ungesteuerte Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft müssen ein Ende haben. Versorgungssicherheit und Patientenversorgung dürfen nicht dem Zufall überlassen werden. Ein chaotischer Strukturwandel über Insolvenzen ist weder vorausschauend, noch gesellschaftlich verantwortbar“, sagte NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke. „Angesichts der wirtschaftlichen Lage vieler Krankenhäuser ist die flächendeckende Versorgungssicherheit keine Selbstverständlichkeit mehr. Wir appellieren daher an die politischen Verantwortungsträger, die Krankenhausreform gemeinsam mit den Kliniken und in einem geordneten Prozess zu gestalten und flankierend geeignete Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherung umzusetzen. Wir stehen hierfür bereit“, ergänzte Engelke.

Im Rahmen der Mitgliederversammlung der NKG fand zudem eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Evolution statt Revolution: Die Krankenhausstrukturreform gemeinsam gestalten“ mit Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi sowie weiteren verantwortlichen Akteuren der Landespolitik und aus dem Gesundheitswesen statt.

Weitere Informationen:

- Helge Engelke, Verbandsdirektor der NKG (0511 / 307 63 0)
- Piet Schucht, Pressesprecher der NKG (0511 / 307 63 19 oder Mobil: 0160 / 224 74 57 )
  E-Mail: schucht@nkgev.de
  Thielenplatz 3 - 30159 Hannover - www.nkgev.info

Zurück